Christusträger Bruderschaft

Ein Klosterwochenende rund um das Judentum

Mitte Februar erlebten die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer aus Deutschland, der Schweiz und Holland ein besonderes Wochenende in Triefenstein. Julia Mansmann berichtet.

Guido Baltes — © Br. Uwe Stodte, 2016
Guido Baltes — © Br. Uwe Stodte, 2016

»Das Judentum – Unsere Wurzeln kennen und schätzen lernen«, zu diesem Seminarthema hatten die Christusträger nach Triefenstein eingeladen und 35 Neugierige waren gekommen, um sich auf diese spannende Reise in das Land, die Zeit und die Umgebung Jesu mitnehmen zu lassen. Der Referent Dr. Guido Baltes ist evangelischer Theologe, hat selbst einige Jahre in Jerusalem gelebt und gearbeitet und dort durch die Begegnung mit dem Land der Bibel eine neue Sicht auf die scheinbar vertrauten Geschichten des Neuen Testamentes gewonnen.

Gleich am ersten Abend lud er uns ein, die für uns Christen oft typische »Abgrenzungs-Brille« gegenüber dem Judentum abzusetzen und uns wirklich einzulassen auf Jesus, den Juden, der nicht nur von einer jüdischen Mutter geboren und im jüdischen Volk aufgewachsen ist, sondern selbstverständlich sein Leben lang die »jüdische Bibel« las, sich auf jüdische Lehrer berief und Gottes Weisungen (»das Gesetz«) selbstverständlich einzuhalten bemüht war.

Impressionen zum Anfassen — © Br. Uwe Stodte, 2016
Impressionen zum Anfassen — © Br. Uwe Stodte, 2016

Mit einem Feuerwerk an Bibeltexten, der Heranziehung des Talmud und Berichten von der Begegnung mit dem lebendigen Judentum heute gelang es dem Referenten, den in den christlichen Kirchen so oft konstruierten Gegensatz zwischen Judentum und Jesus aufzuheben: So gehe es Jesus gerade in seinen Auseinandersetzungen mit den Pharisäern (z.B. bei Heilungen am Sabbat) nie darum, das Gesetz (in diesem Fall die Sabbatgebote) zu widerlegen oder gar aufzuheben, sondern Jesus ringe – in bester jüdischer Tradition – um eine Möglichkeit, das Gute, das »Gottgefällige« zu tun, ohne das Gesetz zu brechen. Heilen, so erklärte uns Guido Baltes, gehöre gar nicht zu den im Judentum am Sabbat verbotenen Tätigkeiten!

Jesus habe keine neue Lehre gebracht, betonte der Referent und zitierte Jesus:

»Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen« (Mt. 5,17)

Guido Baltes berichtet — © Br. Uwe Stodte, 2016
Guido Baltes berichtet — © Br. Uwe Stodte, 2016

Das war dann auch die Botschaft im Gottesdienst, mit dem das Seminar am Sonntag Vormittag endete: Gerade wenn wir Jesus aus seiner religiösen Tradition und vom Alten Testament her verstehen als einen Nachkommen Abrahams, als einen Sohn aus dem Volk Israel (mit dem Gott ja einen unauflöslichen Bund geschlossen hat), als einen Lehrer, der die Weisungen Gottes ernst nimmt und voller Respekt lehrt, erweist er sich als der von Gott gesandte Messias, der uns von Schuld erlösen und uns (auch als Nicht-Juden) mit in diesen Bund hinein nehmen kann. Damit sind wir dann allerdings tatsächlich bei dem Punkt, der uns vom Judentum trennt: Für uns ist Jesus der schon im Alten Testament angekündigte Messias.

Unsere Köpfe rauchten oft ganz gehörig, so dicht und intensiv waren Vorträge und Bibelarbeiten. Um auch die Seele und die Sinne mitzunehmen, erlebten wir Musik und fotographische Impressionen aus Israel; die Triefensteiner Kloster-Küche sorgte mit einem orientalisch inspirierten großartigen Abendbuffet zum Sabbat-Ende für ein kulinarisches Highlight; ein israelischer Volkstanz brachte uns alle auch körperlich mal richtig in Bewegung.

Klezmermusik mit Bernhard von der Goltz (Gitarre) und Matthias Ernst (Klarinette) — © Br. Uwe Stodte, 2016
Klezmermusik mit Bernhard von der Goltz (Gitarre) und Matthias Ernst (Klarinette) — © Br. Uwe Stodte, 2016

Wir erlebten ausgefüllte, interessante und sehr bereichernde Tage in Triefenstein und waren uns einig, dass man an dem Thema dran bleiben müsse. Bruder Christian versprach denn auch, dass es im März 2018 eine Fortsetzung mit Guido Baltes geben werde. Und während sich etwa die Hälfte der Teilnehmenden am Sonntag nach dem Mittagessen auf den Heimweg machte, gab es noch ein »Bonbon« der besonderen Art: Eine Führung im Jüdischen Museum/Lehrhaus »Schalom Europa« und in der Synagoge in Würzburg. Am Abend in der Kirche in Triefenstein stand der ökumenische Gottesdienst in Triefenstein ebenfalls unter dem Thema »Jesus – der Jude«. Mit Guido Baltes als Prediger und Klezmermusik von Bernhard von der Goltz (Gitarre) und Matthias Ernst (Klarinette) war das ein perfekter Abschluss dieses Seminarwochenendes.

Julia Mansmann, 02.03.16

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