Der Küchendienst
Bruder Helmut deutet auf zwei voll beladene Küchenwagen. »Bettina, die kannst du jetzt in die Kühlung bringen. Die holen wir nachher wieder rauf.« Auf dem ersten Wagen stehen große Schüsseln mit grünem Salat, außerdem Salatsoße und zwölf Schüsseln mit geschlagener Sahne für den Nachtisch. Auf dem zweiten Wagen steht der Nachtisch selbst: Obstsalat für über 100 Gäste, dazu für die Hausgemeinschaft von 20 bis 30 Personen.
Der Obstsalat befand sich vor kurzem noch in einem Behälter von der Größe einer Babybadewanne. Er kommt für ein paar Stunden in den Kühlraum im Keller, der so groß ist, dass man zwei Küchenwagen nebeneinander hineinschieben kann.
Das Haus ist voll belegt. Es ist das Fronleichnam-Wochenende; mehrere Gruppen sind da, so dass der Speisesaal voll ausgelastet ist. Es sind Menschen jeden Alters – Kinder wuseln nach dem Essen zwischen den Tischen herum, Erwachsene setzen Gespräche fort, die sie bei der Mahlzeit begonnen haben, während der Tischdienst mit mir zusammen abwischt und für die nächste Mahlzeit neu eindeckt.
Der anstrengendere Dienst, finde ich, ist der in der Spülküche, wo es nach jedem Essen richtig viel zu tun gibt. Die Spülmaschine ist recht laut und wegen der Feuchtigkeit ist zusätzlich die Lüftung eingeschaltet. Auch muss man aufpassen, sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten. Ein erfahrener Bruder belädt die Maschine, flink und effizient. Würde ich Anfängerin sie bedienen, würde das viel zu lange dauern.
Die drei Gäste, die abtrocknen, kommen schon ein wenig ins Schwitzen, aber sie sind guter Dinge. Ich bringe ihnen einen leeren Wagen, auf den sie die abgetrockneten Teile legen können und rolle den Wagen mit den sauberen Gerätschaften in die Küche, um alles an wieder seinen Platz zu bringen. Warme Küche, Backstube, kalte Küche, Teeküche – wo muss jetzt noch mal die weiße Auflaufform hin? Die anderen im Team beantworten geduldig meine Fragen, keiner reagiert genervt. »Äh – die Vorlegelöffel?« Die stellvertretende Küchen-Chefin Anna, die vom Alter her meine Tochter sein könnte, lächelt und deutet mit der Hand in Richtung Ofen. Ach ja – die zweite Schublade, gegenüber vom Herd.
Jeden Tag kenne ich mich etwas besser aus. Unglaublich, wie viel man in zwei Wochen dazulernen kann – und in eine andere Welt eintauchen! Gemeinsames Beten, gemeinsames Essen, gemeinsames Arbeiten.
Das Morgengebet ist um 6 Uhr. Es ist Frühsommer und die Helligkeit sowie der Vogelgesang machen das Aufstehen leicht. Wenn es abends dunkel wird, fallen mir die Augen zu. Kein Fernseher, kein Internet auf dem Zimmer – ich vermisse es nicht. Naja – nur ein bisschen.
Die Brüder
Ich bin beeindruckt von ihnen: Sie kommen aus allen möglichen Berufen und setzen ihre Arbeitskraft an je ihrem Ort für Christus ein. Bruder Jac ist gerade aus Afghanistan zurückgekommen, für einen Heimaturlaub. Was er und andere Brüder von Kabul und den Lebensbedingungen dort erzählen, ist haarsträubend, bewegend und oft genug erschütternd.
Ich würde gerne eine Zeitreise machen und die drei Bands hören, in denen die Brüder spielten, als sie jung waren. Diese Evangelisationswochen müssen mitreißend gewesen sein!
Immer wieder bekomme ich einen Einblick in die Gaben, die Gott jedem gegeben hat. Bruder Uwe zeigt den Gästen eines Abends unglaublich schöne Naturbilder – er hat Vögel und Insekten fotografiert. Bruder Gustav singt auf Berndütsch eine Ballade von Mani Matter.
Wie gut man planen können muss in so einem Gästehaus. In der Küche, in der Hauswirtschaft, überall. Das Team im Haus, die Brüder, die FSJler – sie sind aufeinander eingespielt, das merkt man.
Was mir gefällt: Die Brüder kennen sich alle auch in der Küche aus. Sie machen dort regelmäßig Dienst. Der Gemeinschaft zu dienen ist selbstverständlich, aber vor allem ist das Ziel, dass die Gäste sich wohl fühlen und Raum haben, Christus zu begegnen.
Man merkt, dass die Sympathie untereinander verschieden groß ist. Hier sind lauter Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten beieinander. Doch spätestens, wenn die Brüder die Tagzeitengebete halten, ist davon für mich nichts mehr zu spüren. Jesus Christus ist der Mittelpunkt.
Das Kloster
Einer der Brüder sagt bei der Vorstellung der Bruderschaft: »Ich lebe in einem Wunder«. Er meint damit die Veränderung, die das Kloster erfahren hat. Ein Teil des Westflügels ist immer noch in dem heruntergekommenen Zustand, in dem sich das ganze Kloster bei der Übernahme befunden hatte. Der Ostflügel und der riesige Hauptflügel sind wunderschön restauriert.
Auch innen gefällt mir das Kloster: Nicht überladen, nicht unpersönlich, mit schönen alten Möbeln und Teppichen eingerichtet. Die Kellerkapelle spricht mich sofort an: eine kleine Krypta, in der das Mittagsgebet und freitags die Abendmahlsfeier der Hausgemeinschaft gehalten wird.
Die Kloster-Anlage ist phantastisch! Gut gepflegt, mit Blumen, Büschen, Bäumen, Steinbänken, Brunnen, Ruheplätzen. Wenn ich frei habe, lese ich auf einer Bank sitzend und komme ganz zu mir, komme zur Ruhe.
So ist es auch in den Gebetszeiten: man kommt zur Ruhe, atmet durch, Gott ist ganz nahe.
Nach zwei Wochen fahre ich voller Energie und mit vielen Impulsen wieder zurück nach Hause. Und ich werde bestimmt wiederkommen!