Christusträger Bruderschaft

Gott sei Dank auf eigenen Füßen

Seit März 2022 konnten wir im Kloster Triefenstein Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine als Gäste aufnehmen. Ende Juli haben auch die letzten noch bei uns lebenden Ukrainerinnen den Sprung in die Selbständigkeit geschafft. Doro Bäcker berichtet:

Janosch und David spielen miteinander – © Tanja Gottfried 2024
Janosch und David spielen miteinander – © Tanja Gottfried 2024

Immer wieder werde ich von Bekannten aus dem Ort angesprochen und gefragt: »Habt ihr denn eigentlich noch Ukrainerinnen bei euch wohnen?« »Ja!« sagte ich bis jetzt. Von anfangs 20 Personen waren im Juni allerdings nur noch fünf bei uns im Ostflügel des Gästehauses untergebracht. Im Juli ging dann plötzlich alles ganz schnell: Eine unserer Mitbewohnerinnen zog zurück in ihre Heimatstadt Kiew, alle anderen stehen jetzt auf eigenen Füßen und leben in Wohnungen rund um Triefenstein.

Anker in der Not

»Liebe Doro, da haben wir heute echt was geschafft – und jetzt machst du Feierabend und gehst zu deiner Familie!«

sagt mir unsere Ukrainerin Katja, eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern, müde und glücklich, als wir den bis unter die Decke mit Möbeln geladenen Sprinter auf dem Hof parken.

Norbert Endres begleitet Olga Krasnoglazova hin zur deutschen Sprache – © Tanja Gottfried 2024
 

Mehr als zwei Jahre hat Katja gemeinsam mit ihren Kindern bei uns gelebt, bevor sie vor wenigen Monaten in eine eigene Wohnung umziehen konnte. Triefenstein war für die Familie ein Ort der Sicherheit, an dem sie mit all ihren traumatischen Erfahrungen bleiben und den ersten Schock verarbeiten konnte. An dem sie wieder Mut und Kraft schöpfte. Die vielen Menschen in und um das Kloster, die geholfen haben, waren ihr erster Anker in der Not. Auch heute würde Katjas Alltag ohne diese treuen ehrenamtlich tätigen Personen deutlich beschwerlicher sein. Sie unterstützen durch Fahrten zur Tafel, zum Arzt oder bei der Bearbeitung von Dokumenten.

Vor etwa einem Jahr haben wir darüber gesprochen, dass wir den Platz im Gästehaus dringend wieder für unsere Gästegruppen brauchen. Auch unseren ukrainischen Gästen war klar, dass es irgendwie weitergehen muss. Denn auf Dauer war der »Gast-Status« in unserem Haus auch ein Hindernis, ganz in Deutschland anzukommen.

Um Frieden beten

Während ihrer Zeit bei uns im Kloster gab es viele schöne Momente. Die Ukrainerinnen haben Arbeit gefunden und die deutsche Sprache gelernt. Der kleine David (vier Jahre) lebte mit seinen Eltern und seiner Oma bei uns und freut sich heute, mit meinem Sohn Janosch auch ein paar Sätze auf Deutsch wechseln zu können. Die beiden Jungs gehen in dieselbe Kindergartengruppe.

David und Janosch sind Freunde geworden – © Tanja Gottfried 2024

Tanja, die älteste unserer Gäste, ist wieder zurück in ihre Heimatstadt Kiew gezogen. Wir Christusträgerinnen und Christusträger hier in Triefenstein schauen dankbar darauf, dass wir Wohnungen gefunden haben und wie weit z.B. Katja gekommen ist. Und gleichzeitig sind wir auch traurig, ratlos, hilflos, angesichts von Tanjas Rückreise in die Ukraine und darüber, dass der Krieg dort weitergeht.

Im Friedensgebet kommen wir alle 14 Tage gemeinsam mit unseren Bitten vor Gott. Auch wenn wir im Ostflügel schon bald wieder andere Gäste beherbergen werden, beten wir weiter für die Menschen aus der Ukraine. Manche Freundschaften und Beziehungen, die in den zweieinhalb Jahren gewachsen sind, bleiben bestehen. Unser Gebet für Frieden in der Welt geht weiter.

Doro Bäcker, 26.07.24

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