Christusträger Bruderschaft

Im Flüchtlingscamp beschenkt

Von Mitte Juli an ist Br. Christian in Kabul. Dort besucht er die beiden Brüder, die hier leben und arbeiten. Ein Ausflug hat ihn besonders beeindruckt:

Leben im Flüchtlingscamp – © Br. Christian Hauter, 2018
Leben im Flüchtlingscamp – © Br. Christian Hauter, 2018

Heute zeigt Schorsch mir ein Flüchtlingscamp am Rande Kabuls. Schon auf dem Weg dorthin fallen mir die vielen Kinder auf, die Müll sammeln. Ich höre, dass sehr viele Familien in Kabul vom Müllsammeln leben müssen. Vermutlich auch etliche der 4.000 - 5.000 Menschen in dem Flüchtlingslager, das wir besuchen. Im Lager leben Menschen aus verschiedenen Teilen des Landes. Sie sind geflohen vor örtlichen Auseinandersetzungen, vor den Taliban oder vor der Armut. Manche können nach einer Weile nach Hause zurückkehren. So herrscht ein gewisses Kommen und Gehen. Doch manche Familien hausen auch schon lange hier.

Leben im Staub

Als wir im Camp ankommen, wird Schorsch schon sehnsüchtig erwartet. Einige Monate lang hatten seine Mitarbeiter und er hier gearbeitet, einen Brunnen gebohrt und für Leitungen und einige Zapfstellen gesorgt. Eine große Erleichterung für die Menschen, deren Lehmhäuser auf dem staubigen Boden stehen und die für jeden Liter Wasser kilometerlang laufen müssen. Leider kam aus dem Brunnen kein Trinkwasser, trotzdem erleichtert er das Leben im Lager sehr.

Br. Schorsch hat das Wasser zum Laufen gebracht – © Br. Christian Hauter, 2018

Doch gerade jetzt, im heißen Sommer, kommt kein Tropfen aus dem Hahn. Irgendwas stimmt nicht mit den Pumpen. Während Schorsch und sein Team sich an die Arbeit machen, sehe ich mich noch etwas um. Vom Brunnenhaus aus kann ich das gesamte Lager überblicken. Was für ein Elend – man kann sich kaum vorstellen, das hier Menschen leben. Sie haben sich mit einfachsten Mitteln Lehmhäuser gebaut, nicht viel anders als die, in denen sie in ihren Heimatdörfern lebten. Aber ringsherum ist kein Land und kein Garten, da sind nur Dreck und Abfall und Trockenheit.

Was wird aus den Kindern?

Die vielen Kinder fallen mir auf. Sechs, sieben, acht hat jede Familie. Sie müssen mithelfen, die Familie zu versorgen. Außer der Mülltrennung geht das nur durch die Zucht von Kleinvieh wie Schafen. Oder durch kleine Hilfsarbeiten, z.B. mit einer Schubkarre gegen eine kleine Gebühr Waren durch die Stadt transportieren.

Mit Schafe-Hüten ein wenig Geld verdienen – © Br. Christian Hauter, 2018

Mit mir unterwegs ist Silvia, eine Schweizerin, die eng mit den Jesuiten hier in Kabul zusammenarbeitet. Silvia hat neben dem Brunnenhaus eine kleine Schule gebaut und sorgt dafür, dass die Kinder wenigstens ein bisschen Unterricht bekommen. Silvia und ihr Team unterrichten auch Mütter und bringen ihnen Grundbegriffe von Gesundheitsvorsorge bei. Gerade sind Sommerferien. Ein Junge kommt und erkundigt sich bei Silvia, wann denn endlich wieder Schule wäre. Ich staune über seinen Wissendurst, aber Silvia erklärt mir lachend: “Der interessiert sich vor allem für das Essen, das es bei uns in der Schule gibt.“

Wie mag es wohl weitergehen mit diesen Kindern? Hier im Camp fürchten alle „kleinen Leute“, dass sie irgendwann weichen müssen, sobald „große Leute“, Mächtige, Reiche kommen und sich ein Haus auf diesem Grund bauen wollen. Egal wie die Rechtslage auch sein mag – sie müssten dann von einer Minute auf die andere weiterziehen, irgendwohin. Leider eine alltägliche Sorge in Afghanistan.

Kinder im Camp lachen trotz allem – © Br. Christian Hauter, 2018

Eine besondere Einladung

Weil Silvia hier im Lager geschätzt wird, werden wir spontan eingeladen. Eine Großfamilie aus Tadschikistan bietet uns Tee an. Die Schuhe ziehen wir aus, wie es bei Besuchen üblich ist. Dann setzen wir uns und genießen den Tee und das Gespräch. Die freundliche, friedliche Atmosphäre in der Lehmhütte der Familie überrascht mich. Damit hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Wir plaudern über dieses und jenes, dann verabschieden wir uns mit guten Wünschen für die ganze Familie.

Schorsch berichtet mir, dass die Pumpe inzwischen in Ordnung ist, das Wasser läuft wieder. Wenigsten eine kleine Freude für die Menschen hier. 

Ich bin nachdenklich, als wir ihr Lager verlassen. Und ich staune darüber, dass ich mir vorkomme als hätte ich gerade ein Geschenk bekommen.

Br. Christian Hauter, 27.07.18

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