Christusträger Bruderschaft

Stecklinge gegen die Unterernährung

Br. Gustav war für einige Wochen in Vanga im Kongo. Dort schickte ihn Br. Friedhelm in das benachbarte Kikongo-Tango, wo sich ein Ernährungszentrum befindet. Er berichtet von seinen Eindrücken:

Gesundheitsposten Kikongo-Tango – © Br. Gustav Fluck
Gesundheitsposten Kikongo-Tango – © Br. Gustav Fluck

Da der plötzliche Ansturm von schweren Fällen der Unterernährung 2021 das Ernährungszentrum in Vanga zu überfordern drohte, entschied Br. Friedhelm, die Kinder bereits vor Ort in regionalen Hotspots aufzupäppeln. Besonders schwere Fälle werden weiterhin in Vanga stationär behandelt, Das sind diejenigen, die schon keinen Appetit mehr aufbringen; von denen gibt es leider immer noch genug.

Mit zwei von Br. Friedhelms Mitarbeitern bin ich also unterwegs nach Kikongo-Tango. Wir haben eine Mengel Bündel mit Maniok-Stecklingen dabei.

Zufahrt zum Gesundheitszentrum – © Br. Gustav Fluck

Die Sandpiste, die schon grundsätzlich sehr holperig ist, hat in den ab- und ansteigenden Partien durch die ausgiebigen ersten beiden Niederschläge der gerade angefangenen Regenzeit noch zusätzlich gelitten; wir fahren manchmal wie durch ein Bachbett. Nach einer halben Stunde kommen wir oben beim Gesundheitsposten Kikongo-Tango an, laden erst unsere Fracht aus und deponieren sie in einem Raum, der für gelegentliche stationäre Patienten bereitsteht.

Hoffnungsvolles Land

Dann steigen wir wieder ein und fahren zum zwei Hektar großen Projektfeld, welches das Ernährungszentrum gepachtet hat. Dort wurde bereits das Unterholz gerodet und verbrannt, aber es liegen noch eine Menge dünne Stecken und Zweige da. Ich erfahre, dass das Land hier wesentlich günstiger zu pachten ist als in Vanga. »Und das herumliegende Restholz, nimmt man das noch zum Kochen?« frage ich. Mein Begleiter lacht: »In Vanga würde das alles eingesammelt und gut verkauft, aber hier in der dünnen Besiedelung findet man das viel näher an den Häusern im Moment noch im Überfluss.«

Hier soll bald eine resistente Manioksorte wachsen – © Br. Gustav Fluck

Nach dem Regen gucken schon ein paar grüne Halme aus dem Boden. In der nächsten Woche wollen unsere zwei Leute hier mit einem Dutzend einheimischer Tagelöhner das Feld fertig bestellen und die Maniok-Stecklinge pflanzen. Sie sind wichtig, denn damit wird eine ertragreichere resistente Manioksorte in den Ort gebracht, die längst hätte da sein sollen. In den Boden stecken reicht, alles Weitere machen hier der Regen und die Wärme.

Zukunft beginnt mit Bildung

Zurück beim Gesundheitszentrum hat sich eine größere Zahl von Müttern und kleineren Kindern eingefunden. Mabamba, unser Landwirt, stellt sich in die Mitte des Warteraums und beginnt seinen »Unterricht«. Beredt und gestenreich versucht er den Müttern klarzumachen, dass Unterernährung eine Krankheit ist, gegen die man etwas tun kann und auch tun muss. Immer wieder fragt er nach: Habt ihr verstanden? E! – ja! antworten die Mütter im Chor. Immer wieder lässt er einen Satz unvollendet, damit ihn die Zuhörerinnen selber ergänzen.

Belehrung der Mütter – © Br. Gustav Fluck

Nach zehn Minuten ist die Kontrolle der Kinder dran. Sie, alle im Vorschulalter, sind anfangs ziemlich eingeschüchtert, teilweise recht ängstlich. Da trägt wohl auch meine Anwesenheit dazu bei. Ein Mundele, ein Weißer, ist in diesen Dörfern für Kinder immer noch eine kleine Sensation! Aber Mabudiki, unser Krankenpfleger, empfängt sie freundlich und ohne Hast, streicht sie über den Kopf und fragt sie ein bisschen aus, bevor sie sich auf die Waage und vor allem vor dieses drohende Gestell zur Größenmessung stellen müssen. Nachdem der Oberarmumfang in Millimetern gemessen worden ist, kann mit Hilfe einer umfangreichen Tabelle ein Art BMI abgelesen werden. Mit dem ersten Kandidaten geht unser Mann recht vertraut um. »Der war schon in Vanga«, erklärt er mir. »Nun geht es ihm schon wieder besser, sodass er jetzt hier weiter behandelt werden kann.« Eine zweite Mutter bringt drei Kinder zwischen drei und sieben herein. Der Älteste ist so schlecht dran, dass Mabudiki ihn mit ins Spital nehmen will. »Mach dich bereit«, sagt er zur Mutter, »wenn wir fertig sind, nehmen wir euch alle in unserem Auto mit nach Vanga.«

Der Krankenpfleger wird kritisch beäugt – © Br. Gustav Fluck 2022

Nach einer guten Stunde sind alle durch. Unser Agroingenieur Mabamba und der Fahrer erwarten uns vor dem Haus. Im Schatten eines großen Baumes an der Straße wartet die Mutter mit ihren drei Kindern und ein bisschen Hausrat neben dem Fahrzeug. Alles kommt ins Auto, eine Einladung zu einem Glas Wasser lehnen wir dankend ab, denn wir könnten es gerade noch zum Mittagessen zu Hause schaffen.

Nach dreißig Minuten zwischen Geholper im Schritttempo durch die beiden Flusstälchen, und oben auf der Ebene mit eher abenteuerlichen 60 km/h durch manchmal tieferen Sand schaffen wir es tatsächlich. Wir können essen.

Dabei sind wir doch heute der Unterernährung näher begegnet. Aber auch dem Kampf dagegen von Br. Friedhelm und seinem Team.

Br. Gustav, 17.10.22

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